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Landflucht

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Was ist Landflucht?

Wenn sehr viele Menschen in die Stadt ziehen, dann nennt man das Landflucht. Manche Menschen leben ja auf dem Land, andere leben in einer Stadt. Das ist in Deutschland so und das ist in jedem anderen Land auch so. Was bedeutet dann Landflucht?

Warum wollen Menschen lieber in der Stadt leben?

Auf dem Land gibt es oft nicht genug Arbeit für alle Menschen. Die Arbeit, die es dort gibt, liegt meist in der Landwirtschaft. Doch weil die Arbeit hart ist, wollen viele junge Leute sie nicht machen. Oder sie wollen studieren. Oder sie wollen eine Ausbildung machen, aber es gibt in ihrem Dorf und in der Nähe keinen Ausbildungsplatz.

Dazu kommt, dass man in der Stadt alles vor Ort hat, was man zum Leben benötigt: Supermärkte und Ärzte, Kindergärten und Schulen und auch Restaurants, Kinos und Theater. Man muss nicht weit fahren, um diese Orte zu erreichen oder sie sind sogar zu Fuß erreichbar. Auf dem Land braucht man hingegen ein Auto und muss längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Oft sind die Bus- oder Zugverbindungen nicht so gut.

Was passiert, wenn viele Menschen in die Stadt ziehen?

Ziehen viele Leute in eine Stadt, dann wächst die Stadt. Das nennt man auch Urbanisierung. Das Wort leitet sich aus dem Latein ab, wo urbs Stadt bedeutet. Ein Problem ist aber, dass es nicht genug Arbeitsplätze und nicht genug Wohnungen gibt, wenn in kurzer Zeit viele Menschen in die Stadt ziehen. In manchen Städten in Asien oder Südamerika entstanden durch den hohen Zuzug von Menschen Slums am Stadtrand vieler Städte.

Was hat Landflucht mit Industrialisierung zu tun?

In der Zeit der Industrialisierung zogen besonders viele Leute in die Städte. Denn dort entstanden die Fabriken und so gab es dort auch plötzlich viele Arbeitsplätze. So kam es am Ende des 19. Jahrhunderts in Europa zu einer Landflucht.

Allerdings ziehen die Menschen auch dann in Städte, wenn es dort nicht besonders viel Industrie gibt. Auch sie suchen aber Arbeit und bessere Lebensbedingungen in der Stadt. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts passiert ein solcher Zuzug in die Stadt besonders stark in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Man kann es in Lateinamerika besonders gut beobachten, aber auch in Afrika und Asien gibt es viele Länder, in denen die Stadtbevölkerung wächst.

Wieviele Menschen wohnen in der Stadt?

In Deutschland leben 77,8 Prozent der Bevölkerung in einer Stadt. Nur noch 22,2 Prozent wohnen also auf dem Land. In vielen Ländern sieht das ähnlich aus. Es gibt aber auch noch Länder, in denen mehr Leute auf dem Land wohnen.

In Afghanistan zum Beispiel wohnen nur 27 von 100 Menschen in der Stadt, in Burkina Faso 32 von 100. In Argentinien hingegen wohnen schon 92,5 Prozent der Einwohner städtisch, in Belgien sogar 98 Prozent. Seit 2008 wohnen weltweit erstmals mehr Menschen in einer Stadt als auf dem Land.

Und was ist dann Stadtflucht?

Es gibt auch das Wort Stadtflucht. Das bedeutet das Gegenteil von Landflucht: Viele Menschen ziehen aufs Land. Wobei damit meist dann eher die Umgebung der Städte gemeint ist. Häufig sind es junge Familien, die in den Umkreis einer Stadt ziehen. Sie arbeiten in der Stadt und pendeln dann. In den Vororten und den Dörfern können sie sich eher ein Haus mit Garten leisten. Sie empfinden das Leben in der Stadt vielleicht auch als hektisch und laut.

Mit der Stadtflucht einher geht dann eine Art Verstädterung der Vororte und Landgemeinden. Es können auch große Siedlungen um die Stadt entstehen, die man dann Trabantenstädte (mit eigener Infrastruktur) oder Satellitenstädte (nur zum Wohnen) nennt. Das ist zum Beispiel in den 1960er und 1970er Jahren in Deutschland oft geschehen.

Landflucht in Deutschland

Ab den 1950er Jahren kam es in Deutschland zu einer Phase der Suburbanisierung. Vermehrt zogen Menschen also ins Umland der Städte. Ab etwa 2000 stieg dann die Urbanisierung wieder an. Auch viele junge Familien wollten lieber in der Stadt wohnen.

Seit 2014 aber gab es wieder eine leichte Wende: Mehr Menschen zogen wieder in die Vororte. Auch die Corona-Pandemie hat ab 2021 dazu geführt, dass weniger Menschen als zuvor in die Städte zogen. Da Home-Office, also das Arbeiten von zu Hause, das tägliche Pendeln überflüssig machte und somit wertvolle Zeit gewonnen wurde, blieben mehr Menschen auf dem Land leben.

Wie es weitergeht, weiß man nicht. Vermutlich wachsen aber die "Speckgürtel" rund um Hamburg, Berlin oder München weiter, während Gegenden mit schlechter Erreichbarkeit und schlechter Wirtschaftslage weiter schrumpfen.