Myanmar
Frühe Besiedlung

Das Gebiet des heutigen Myanmar ist schon seit vielen tausend Jahren von verschiedenen Volksstämmen bewohnt. Die Birmanen stammen von indo-chinesischen Völkern ab und gründeten im 1. Jahrhundert nach Christus ein erstes Reich am Fluss Ayeyarwady. Im 3. Jahrhundert entstand auf dem Gebiet zudem das Königreich der Khmer.
Im 9. Jahrhundert verlor die damals bedeutende Volksgruppe der Pyu an Macht, weil sie durch das Volk der Nanzhao geschwächt wurde. So konnten die Birmanen ins Land einwandern und gründeten um die Mitte des 9. Jahrhunderts die Stadt Bagan. Teile dieser alten Stadt sind bis heute erhalten und können besichtigt werden. Später regierten verschiedene Dynastien das Land: Im 16. Jahrhundert die Taungu-Dynastie und ab dem 18. Jahrhundert die Konbaung-Dynastie.
Kolonialherrschaft und Unabhängigkeit
Zwischen 1885 und 1948 war das damalige Burma eine britische Kolonie. Die Kolonialherrschaft der Briten beschränkte sich vor allem auf das Zentralgebiet, also das Land der Birmanen. Die Grenzgebiete, in denen viele ethnische Minderheiten lebten, waren oft weitgehend unabhängig und wurden von den Briten kaum kontrolliert. Als Burma im Jahr 1948 unabhängig wurde, fühlten sich viele dieser Minderheiten nicht als Teil des neuen Staates. Schon damals kam es zu Konflikten, die bis heute andauern. Viele Minderheiten forderten mehr Selbstbestimmung oder eigene Rechte, was immer wieder zu Spannungen und Kämpfen führte.
Burma von 1886 bis 1948 in Bildern
Militärdiktatur
Nach der Unabhängigkeit begann in Myanmar zunächst eine demokratische Phase mit freien Wahlen. Der Politiker U Nu wurde dabei gleich dreimal zum Premierminister gewählt. Doch das Militär mischte sich immer wieder in die Politik ein und übernahm Aufgaben, die eigentlich der Regierung zustanden. Als U Nu im Jahr 1960 erneut gewählt wurde, reagierte General Ne Win mit einem Militärstreich und ließ U Nu ins Gefängnis bringen. Damit begann das Ne-Win-Regime, eine Zeit der Militärherrschaft.
Diese Herrschaft endete erst 1988, als es in der Bevölkerung zu großen Protesten kam. Doch statt einer Rückkehr zur Demokratie übernahm noch im selben Jahr ein neuer General, Saw Maung, die Macht mit einem Militärputsch und errichtete erneut eine Militärdiktatur. In dieser Zeit wurde die Nationale Liga für Demokratie (NLD) gegründet. Sie setzte sich für mehr Freiheit und Mitbestimmung im Land ein.
1989 änderte das Militär den Namen des Landes: Aus Birma wurde Myanmar. Ein Jahr später, im Mai 1990, fanden Wahlen statt. Die NLD gewann mit großer Mehrheit – doch das Militär erkannte das Ergebnis nicht an. Stattdessen erklärte es die Wahl für ungültig und ließ friedliche Proteste brutal niederschlagen.
Von fragwürdigen Wahlen bis hin zu ersten Fortschritten
Im Jahr 2008 ließ die Militärregierung in Myanmar über eine neue Verfassung abstimmen. Die Zustimmung lag angeblich bei 92 Prozent, doch viele Menschen glaubten nicht, dass die Wahl fair ablief. Erst am 7. November 2010 durften die Menschen wieder richtig wählen – doch die Partei NLD (Nationale Liga für Demokratie) boykottierte die Wahl, weil sie der Militärregierung nicht traute.
Hoffnung auf Veränderung
Überraschend kündigte die Regierung Anfang 2011 demokratische Reformen an. Seitdem gab es viele Veränderungen: Die Regierung wurde zivil, das heißt, nicht mehr vom Militär geführt. Es fanden Nachwahlen statt, bei denen die NLD ins Parlament einzog. Auch die bekannte Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi spielte nun eine wichtige Rolle in der Politik.
Die Zensur wurde lockerer, viele politische Gefangene kamen frei, und die Menschen konnten sich freier äußern als zuvor. Doch viele Burmesen blieben vorsichtig – sie wussten: Das Militär hat weiterhin viel Macht und kann im Notfall wieder die Kontrolle übernehmen. Eine echte Demokratie war Myanmar also noch nicht.
Ein ziviler Präsident
Am 15. März 2016 wurde Htin Kyaw zum Staatspräsidenten gewählt – der erste Präsident seit Jahrzehnten, der nicht dem Militär angehörte. Das galt als großer Fortschritt für die Demokratie im Land.
Diese Phase der Öffnung endete mit dem Militärputsch im Februar 2021, bei dem Aung San Suu Kyi wieder festgenommen wurde. Seither herrscht erneut eine Militärregierung, und viele Menschen kämpfen weiterhin für Demokratie und Freiheit.

Unterdrückung und Auseinandersetzungen
Viele Minderheiten in Myanmar werden im Alltag stark benachteiligt. Die Mehrheit der Bevölkerung – nämlich 89 von 100 Menschen – gehört dem Buddhismus an, und buddhistische Mönche haben großen Einfluss im Land. Immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen Buddhisten und Muslimen, die zum Teil sogar von Mönchen mitangestachelt werden.
Muslime, aber auch Christen, erleben oft Ausgrenzung – bei der Wohnungssuche, im Beruf oder bei staatlichen Stellen. Viele Politiker unternehmen nichts dagegen, weil sie befürchten, dass sonst das Militär erneut eingreifen könnte. Das Militär stellt sich gern als Garant für Ordnung dar und behauptet, ohne seine Kontrolle sei kein Frieden möglich. Diese Situation gefährdet den Reformprozess und macht es schwer, in Myanmar Gleichberechtigung und Demokratie umzusetzen.
Rohingya
In Myanmar glauben viele Menschen, dass nur Buddhisten echte Staatsbürger sind. Ein altes Sprichwort sagt: „Burmese sein, heißt Buddhist sein.“ Deshalb sehen viele die muslimischen Rohingya nicht als »natürliche Bürger« des Landes an. Der Islam wird von der Mehrheit als fremde Religion betrachtet. Das ist einer der Gründe, warum die Rohingya ausgeschlossen werden – obwohl sie seit langer Zeit in Myanmar leben.
Die Krise um die Minderheit der Rohingya
In Myanmar werden seit vielen Jahren schwere Verbrechen gegen die muslimische Minderheit der Rohingya verübt. Viele Fachleute sprechen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, manche sogar von Völkermord (auch Genozid genannt) oder einer ethnischen Säuberung.
Im Oktober 2016 flohen fast 100 000 Rohingya vor dem Militär. Einige von ihnen gehörten zur Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA), einer bewaffneten Gruppe, die sich gegen die Angriffe zur Wehr setzte. Doch der Konflikt ist nicht neu: Schon in den 1970er-Jahren mussten viele Rohingya fliehen, und auch in den 1940er-Jahren kam es bereits zu Verfolgungen.
Wie viele Menschen beim Angriff 2017 genau ums Leben kamen, ist unklar. Man schätzt, dass allein zwischen August und September 2017 rund 6 700 Menschen getötet wurden, darunter etwa 730 Kinder.
Die Rohingya lebten vor den Angriffen mit rund 1,1 Millionen Menschen in Myanmar. Sie gehören zur muslimischen Minderheit in einem überwiegend buddhistischen Land. Doch Myanmar erkennt die Rohingya nicht als Volksgruppe an. Sie gelten als illegale Einwanderer aus Bangladesch, obwohl viele Familien schon seit Generationen dort leben. Die Rohingya dürfen nicht wählen, haben keine Staatsbürgerschaft und kaum Rechte.
Viele Rohingya flohen ins Nachbarland Bangladesch, doch auch dort waren sie nicht willkommen. Bis heute ist nicht geklärt, ob, wann und unter welchen Bedingungen sie nach Myanmar zurückkehren dürfen. Ihre Lage bleibt unsicher und gefährlich.